Donnerstag, 25. Juni 2009

ich bin jacks kleines zahlenspiel

folgenden satz hat so ziemlich jeder schon einmal gehört, der in den letzten monaten die nachrichten über den untergang des abendlandes...ach nein...des automarktes verfolgt hat... die großen aus politik und wirtschaft haben ihn auswendig gelernt und bei jeder gelegenheit geht er runter wie warmes motoröl:

"jeder siebte arbeitsplatz in deutschland hängt von der automobilindustrie ab" ...

wer es genauer ausdrücken möchte, nimmt noch "direkt oder indirekt" mit auf, was an der schaurigen grundaussage nichts ändert...und dieser satz wird sehr gerne genutzt um auf die dringlichkeit der opel rettung hinzuweisen...aber schon hier sollte man kurz innehalten und nachdenken: opel ist nicht die komplette deutsche autoindustrie...selbst wenn opel durch von GM induziertes, finanzpolitisches aquaplaning unkontrolliert den bach hinuntergeht wird dadurch auf keinen fall jeder siebte deutsche arbeiter seinen job los...

diese aussage wurde übrigens nicht nur in krisensituationen brav heruntergebetet, auch in glorreicheren zeiten konnte man sich damit rühmen...ein ineinandergreifendes räderwerk, welches mit der präzision und der zuverlässigkeit eines schweizer uhrwerkes das fundament des deutschen wohlstandes sicherte...

-> ich bin jacks schwebendes damoklesschwert

bisher hat noch kaum ein reporter dieses statement hinterfragt... vor allem nicht, als es der autoindustrie gut ging...zum glück gibt es aber journalisten, die ein wenig genauer hinschauen...

grundlage dieser aussage ist eine vda (verband der deutschen automobilindustrie) rechnung aus dem jahre 1980, immerhin schon 29 jahre her, und basiert ebenfalls aus beschäftigtenzahlen aus diesem jahr...

1980 arbeiteten in der produktion 1,349 mio menschen, damals etwa jeder 21. arbeiter in ganz deutschland... wenn man dann den focus ausweitet auf unmittelbar involvierte arbeitsplätze, sei es in der verwaltung und vertrieb, dann ist man bei 1,85 mio arbeitsplätzen...

darüber hinaus geht der vda davon aus, dass bei einem brachliegen der deutschen automobilindustrie niemand mehr auto, bus oder lastwagen fährt und somit auch der parkhauswächter, der autokinobetreiber, der straßenbauer und der taxifahrer urplötzlich arbeitslos sind... frei nach dem motto *puff* und alle autos sind verschwunden...von jetzt auf gleich...

-> ich bin jacks magischer autowegtrick

falls wirklich die deutsche autoindustrie eines tages nicht mehr existieren sollte, dann wird der durchschnittsdeutsche sicher nicht aufhören mit dem autofahren, sondern einfach auf ausländische fabrikate umsteigen, was viele heute schon hinter sich haben, insofern werden letztgenannte berufsgruppen (und einige mehr hier nicht aufgeführte) sicherlich nicht aus heiterem himmel ihren job verlieren...dem parkhauswächter ist es egal ob deutsche oder später einmal chinesische oder indische autos in seinem parkhaus stehn...

-> ich bin jacks ruhmreicher segen der globalisierung

dessen ungeachtet werden zu ebengenannten 1,85 mio nochmal 1,2 mio im taxi-, fernfahrer- und straßenarbeitsssektor gerechnet, die arbeitslos würden...somit kommt man auf 3,05 mio arbeitsplätze... damit nicht genug, es werden als kleiner bonus nochmal 800.000 stellen für vorleistungen addiert, macht zusammen 3,85 mio... weitere 1,2 mio werden geschätzt (!!!) in bereichen wie forstwirtschaft, deren holz damals zu armaturenbrettern verarbeitet wurde...

macht insgesamt knappe fünf millionen arbeitsplätze die am auto hängen... bei einer damaligen geschätzten arbeiterschaft von 40 millionen...

kluge rechner vor... fünf von 40 ist grob geschätzt und unter zuhilfenahme eines taschenrechners oder alternativ auch google nur jeder achte...

der um rechentricks nicht verlegene vda hat sich hier ganz einfach geholfen: es gab 40 millionen beschäftigte, als grundlage für die vda statistik dienten aber nur die 35 millionen angestellten...

-> ich bin jacks grandiose schlussfolgerung...

so haben wir damals fünf millionen von 35 millionen gehabt, sprich jeder siebte arbeitsplatz...

die grundlagen werden vom vda leider nicht so oft verbreitet wie die munter zusammengekleisterte schlussfolgerung... die daten werden immerhin einfach alle paar jahre aktualisiert, aber selbstverständlich nur insoweit, dass die horrorvision eines jeden siebten jobs der wegfällt, bestehen bleibt...

grundlage dieses eintrags: spiegel online, ftd printausgabe, capital printausgabe

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