Dienstag, 7. April 2009

ich bin jacks letzter großer staatskonzern

und ich habe einen neuen führer...
kein produkt der vernunft, kein ergebnis einer wahl...
sondern ein weiterer großkoalitionärer kompromiss, den sowohl spd wie auch cdu als eigene entdeckung sowie als eigenen kleinen sieg verbuchen wollen...

all diejenigen, die hoffen, dass mit rüdiger grube, dem ehemaligen dasa und daimler manager, jetzt die bedeutende wende bei der deutschen bahn eingeleitet wird, werden recht bald enttäuscht erkennen müssen, dass sich nichts ändern wird und auch in keinster weise kann...
warum?
all diejenigen, die hoffen, dass mit grube die züge endlich die gewinnzone anpeilen, werden überrascht sein, denn mehdorn in seinen fast zehn jahren einiges bewegt...
sein auftrag lautete "bringen sie die bahn in die gewinnzone und an die börse"...
um ersteres zu erreichen, musste sich der konzern -betriebswirtschaftlich vollkommen korrekt- von allem trennen, was nicht zur kostendeckung beigetragen hatte...dazu gehörten vor allem zugverbindungen, die bestenfalls warme luft durch die gegend fuhren, nicht genutzte gleise und immobilien...
dass dies nicht unbedingt dem nach wie vor in vielen köpfen herrschenden bild der "bundesbahn" und ihrem vermeintlichen volksdienlichen beförderungsauftrag entspricht und damit die betroffenen personen nicht immer zufrieden sind, versteht sich von selbst, aber das konsequente ausputzen hat sich ausgezahlt: letztes jahr 33,5 mrd umsatz und 1,3 mrd im plus...
um die bahn letztendlich an die börse zu bringen, war die gewinnzone eine wichtige grundlage, denn nur so können ausländische investoren davon überzeugt werden, der bahn weiteres kapital zuzuschieben...
sicher ist heute nicht alles perfekt, was bei der bahn läuft und rollt, das hinterland ist in vielen fällen vom nahverkehr abgeschnitten und dank rationalisierungsmaßnahmen sind ehemalige bahnhofsgebäude oft verkommene schatten ihrer selbst und reisende müssen sich mit einem gläsernen wartehäuschen und einem fahrkartenautomaten begnügen...aber mit zügen, die besagte heiße luft durch die gegend kutschierten, konnte man unter den damaligen ehemals bundesbahnzuständen nicht festhalten...

grube wird genau den gleichen kurs halten müssen wie mehdorn, er wird weiter versuchen, jeden möglichen euro zu gewinnen, weiter rationalisieren und mit dem ziel vor augen "börse" das unternehmen weiter "modernisieren"...

grube ist laut presseberichten kein polternder draufgänger wie mehdorn sondern "hanseatisch kühl" und durchdacht...ein "diplomat" ...
nun stellt sich natürlich die frage, was braucht die große koalition? und was will die große koalition?...aber auch was braucht die bahn?

die große koalition will die bahn loswerden und in eine eigenständige aktiengesellschaft umwandeln, der weg dorthin wird steinig und schwer (wie ein bekannter deutscher "sänger" sagen würde) und mehdorn war auf grund seines mehr als angekratzten images -und das ist noch deutlich positiv ausgedrückt- und vor allem der letzten enthüllungen der datenaffäre nicht mehr haltbar...

-> ich bin jacks neuer kapitän

nun braucht die große koalition jemanden, der wieder klar schiff macht -um im hanseatischen sprachgebrauch zu bleiben- und den kutter solange auf kurs hält, bis die wogen sich geglättet haben...oder zumindest bis zur nächsten wahl...

woran sich der neue kapitän gewöhnen muss: die wellen des scheiterns schlagen weitaus härter gegen die schiffswand als der wind des erfolges die segel füllt...und das gilt beim dienstleister bahn mehr als in irgendeiner anderen branche...

anders ausgedrückt: normal es gilt als daumenregel, dass alles negative etwa sechs monate im gedächtnis der kunden / öffentlichkeit bleibt, was sich unmittelbar auf den goodwill in der bevölkerung auswirkt...wenn bei mc doof das essen schlecht war, geht der durchschnittsbürger zwei monate woanders hin, dann fangen die ersten an, zurückzukehren und nach sechs monaten ist alles wieder fast vergessen...
positives dagegen wird meist einfach nur zur kenntnis genommen...
der dienstleister bahn steht aber in besonderem maße im focus der öffentlichkeit...früher war es die "bundesbahn" die auch auf unrentablen strecken gefahren ist, und sich wunderbar in den deutschen beamtenapparat eingepasst hat und mit tugenden wie pünktlichkeit und sauberkeit geglänzt hat...
dem ist heute nicht mehr so...es heißt nicht mehr "bundesbahn" sondern "bahn ag", pünktlich ist die bahn zu knapp 90% (je nach definition von pünktlich") und sauber sind heutzutage meist nur die fernzüge...

-> ich bin jacks verpasster anschlusszug

wie bspw das schlechte image am beispiel pünktlichkeit noch verstärkt wird, erklärt sich dadurch, dass es menschen gibt, die wenige zugreisen machen, diese aber dann quer durch deutschland...ein anschlusszug verpasst, schon ist die reise gefährdet...
und wenn das bei zwei von drei reisen im jahr passiert, ist die quote verhagelt, das image vermiest und natürlich teilt der redseelige ottonormalverbraucher das auch möglichst ausgeschmückt und lebhaft aufbereitet freunden und bekannten mit -gefragt und ungefragt-... mehr und mehr leute erfahren davon, wie unpünktlich die bahn ist und aus 15 minuten werden dann schnell mal eine ganze stunde... multiplikatoreffekt meets stille-post-effekt...
das image der bahn ist manchmal zu recht nicht gerade das beste, und um diesen karren aus dem dreck zu ziehen wird einiges an anstrengung nötig sein...
kleines beispiel: selbst wenn die bahn in den kommenden jahren eine pünktlichkeit von 99% erreichen würde, wäre unter den top drei der antworten auf die frage "was stört sie an der bahn?" das thema "unpünktlichkeit" ...
als pendler mit erfahrung weiß ich: die durchschnittsmenschen interessiert es nicht, ob der zug neun mal pünktlich war, die zehn minuten die sie auf den zehnten zug warten müssen, werden sie etwa ein halbes jahr als negative erinnerung mit sich herumtragen...
und ja, es gibt auch negativbeispiele, bei denen neun von zehn zügen unpünktlich sind...

was braucht also die bahn?
jemanden, der sie vom abstellgleis zieht, wäre zu einfach ausgedrückt...
wichtig wäre vor allem, verlorenes vertrauen zurückzugewinnen, das image aufzubessern, notfalls auch mal etwas mehr geld in die hand zu nehmen um die baustellen schneller zu beseitigen...und vor allem bei bekannten brennpunkten die pünktlichkeit zu erhöhen...
das sind bei einem so komplexen unternehmen wie der bahn keine aufgaben, die in zwölf monaten zu erledigen wären... so wird es interessant sein zu sehen, was mit grube nach der wahl passiert...
die kurz zur debatte gestandene doppelspitze hätte vielleicht geholfen: ein kühler kopf der mit zahlen umgehn kann und den wirtschaftlichen kurs bestimmt sowie ein eisenbahner, der weiß, welche maßnahmen verantwortbar sind und welche nicht...das wäre ein guter weg gewesen...

(ich habe mich ein wenig zurückgehalten zu dem thema, deshalb nur eine vereinfachte ausführung an dieser stelle... mehr details hätten sicherlich mehr als doppelt soviel lesestoff ergeben...)

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