Sonntag, 15. März 2009

ich bin jacks verzögerung im betriebsablauf

barocke bauten, die frisch renoviert vom glanz vergangener epochen erzählen, moderne glasfassaden die edel und erhaben im wahrsten sinne des wortes von heutigem glanz berichten, jeden sonnenstrahl in die lichtdurchfluteten und großen hallen lassen, in die hallen die menschen zusammenbringen, das tor zur großen weiten welt bedeuten, schauplätze von tränenreichen abschiedsszenen und freudigem wiedersehen...jeder einzelne hat seine eigene geschichte...tag und nacht bevölkern eilig rennende oder wartende menschen den bahnhof...
treffpunkte der kulturen, mc donalds neben dönerbude neben nordsee...arbeitsplatz für hunderte, draußen die leichten damen, drinnen die händler, überall das auffällig unauffällige sicherheitspersonal mit den roten käppchen...
diese tempel des reisens waren anlaufstellen für züge mit klangvollen namen wie "rheingold", "orientexpress" oder "fliegender hamburger" und sind es heute für ihre modernen nachfolger ICE, IC, EC, thalys oder cisalpino...glänzende, saubere und vor allem schnelle züge, die mit 300km/h mehr oder weniger lautlos durch die landschaft rasen...

soweit die theorie, wenn man in einer großstadt wohnt...sollte man allerdings nicht gerade in berlin, hamburg, köln, frankfurt oder münchen wohnen, sieht das bild völlig anders aus...


-> ich bin jacks bittere realität

aus einem tempel des reisens wird ganz schnell eine baracke der abfahrt, für viele ein point of no return vielleicht, eingeworfene oder gar mit brettern verriegelte fenster zeugen vom rückzug aus der ländlichen gegend...es ist kalt, nass und zugig (oha...ungewolltes wortspiel...) auf den bahnsteigen und die menschen die dort tagsüber anzutreffen sind, sind meist pendler und schulschwänzer die gerade heimlich ein mixery trinken, rauchen und mit ihren phätten baggy gangster style hosen das bahnsteigreinigungspersonal entlasten...die gestalten die des nachts dort herumlungern möchte man evtl auch gar nicht wirklich kennen...geschichten die die beiden letztgenannten gruppen so erzählen, bestehen größtenteils aus sinn- und zusammenhanglosem gebrabbel, versehen mit füllwörtern wie "ey alder", "fick disch", "ey isch fick deine...(beliebiges familienmitglied oder haustier einsetzen)", "isch box disch" ... die reihe könnte man noch beliebig fortsetzen...
die züge sind manchmal sauber, meist jedoch erzählt der schmutz eigene geschichten und zeugt vom grauen alltag im nahverkehr...
nun ist nicht wirklich alles schlecht, die neigetechnik zum schnelleren durchfahren der kurven wiegt einen sanft in den schlaf...was nicht wirklich von vorteil ist, wenn man die fahrt zum lernen nutzen will...
besondere freude bei allen reisenden bringt immer wieder die allseits beliebte verspätung...es gilt: alles unter fünf minuten ist keine verspätung...jeder der etwas anderes behauptet ist ein ketzer...
da die bahn alles so transparent wie möglich halten will und keine geheimnisse vor ihren fahrgästen (in fachjargon auch "beförderungsfall" genannt) hat und durch eben diese transparenz auf mehr verständnis hofft, hört der werte fahrgast nun solch wohlklingende ansagen wie "auf grund einer verzögerung im betriebsablauf verzögert sich unsere weiterfahrt um wenige minuten" ... jeder deutschlehrer zückt in gedanken seinen rotstift wegen der wiederholten nutzung von "verzögern" und die übrigen fahrgäste seufzen als zeichen der persönlichen resignation...der ohnmacht gegenüber dem schicksal...
wobei "verzögerung" von besoffenem lokführer eines anderen zuges bis hin zu gegrilltem tier in der oberleitung vieles sein kann und "wenige minuten" auch ein sehr dehnbarer begriff ist...aber der erste schritt hin zu einer besseren informationspolitik ist gemacht...
besonders ärgerlich ist so eine ansage, wenn man schon im einfahrtsbereich des bahnhofs steht und dann warten muss...man sieht wie die minuten verrinnen, man würde am liebsten aussteigen und die letzten meter zu fuß gehn, man sieht vor seinem geistigen auge die anschlussmöglichkeiten ohne einen selbst abfahren...und dann die erlösung, nach schier unendlich anmutenden 5 minuten setzt sich der zug wieder in bewegung um die letzten 200m in schrittgeschwindigkeit zurückzulegen...und es folgt ein erquickender fußmarsch...bewegung an der frischen luft gilt ja als gesund...

in diesem sinne: sänk ju for trävelling wis deutsche bahn

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